Wiesmann Urs

Betriebsstrukturenentwicklung und Strategien von Bergbauern unter Beeinflussung des Wandels der Schweizer Berglandwirtschaft. Einzelbetriebliche Analysen zu Betriebsstrukturen und Handlungsfeldern der Bergbauernbetriebe in Grindelwald von 2000 bis 2010

Project Number: CH-4951
Project Type: Master
Project Duration: 04/01/2011 - 09/30/2012 project completed
Funding Source: other ,
Leading Institution: Universtität Bern
Project Leader: Prof. Urs Wiesmann
Centre for Development and Environment (CDE)
Universität Bern
Mittelstrasse 43
3012 Bern
Phone: +41 (0) 31 631 88 69 ; +41 (0) 31 631 88 22
e-Mail: urs.wiesmann(at)cde.unibe.ch
http://www.cde.unibe.ch

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Research Areas:
Economy

Disciplines:
Social geography and Ecology

Keywords:
Berglandwirtschaft, multifunktionale Aufgaben, Wandel, Grindelwald, Betriebsstrukturentwicklung, Strukturwandel

Abstract:
Seit Jahrhunderten führt die Schweizer Berglandwirtschaft multifunktionale Aufgaben aus. Es wird Milch und Fleisch produziert. Bedeutend ist zudem, dass durch Nutzung und Pflege die Kulturlandschaft entsteht und erhalten wird. Mit der Kulturlandschaft verbunden sind die landschaftliche Attraktivität, die biologische Vielfalt und die Sicherheit der Region. Allesamt braucht es als unentbehrliche Voraussetzung für den Tourismus, welcher seinerseits eine notwendige Existenzgrundlage für die Schweizer Berglandwirtschaft darstellt. Es ergibt sich die Verbindung «Schweizer Berglandwirtschaft – Kulturlandschaft – Tourismus». Diese wird jedoch dadurch bedroht, dass die Erfüllung der multifunktionalen Aufgaben trotz der agrar- und der regionalpolitischen Massnahmen nicht mehr als selbstverständlich angesehen werden darf. Als Einflüsse hinter dieser Bedrohung stehen die Industrialisierung, der technologischer Fortschritt, die touristische Entwicklung, die Liberalisierung der Märkte, die Erschliessung und die Zersiedelung der Landschaft, der Strukturwandel, der Generationenwechsel und der Klimawandel. Der durch diese Faktoren beeinflusste Wandel der Schweizer Berglandwirtschaft kann nicht einfach ignoriert werden und muss beschäftigen.
Auch die traditionsreiche Berglandwirtschaft in Grindelwald muss sich dem Wandel stellen, hat diese Herausforderung aber bisher gemeistert. Davon zeugt der beachtlich vorhandene Stand der Forschung zu Grindelwald und seiner Berglandwirtschaft. Unter anderem zeigen die einzelbetrieblichen Analysen zu sozialen handlungsleitenden Deutungs- und Wertemustern, die Burri im 1994 anhand von Grindelwald vornahm, dass aus den Entscheidungen der einzelnen Bauernbetriebe und ihren Familien der regionale landwirtschaftliche Strukturwandel resultiert. Bei einem fortgeschrittenen regionalen landwirtschaftlichen Strukturwandel ist deshalb die Berücksichtigung der einzelbetrieblichen «Realität» in der landwirtschaftlichen Förderungspolitik umso wichtiger (Burri 1994). Durch diese Erkenntnis wären auch einzelbetriebliche Analysen zu Betriebsstrukturen und Handlungsfeldern von Bedeutung, es existieren aber bislang noch keine. Besonders interessiert sich deshalb die Masterarbeit für die Forschungsfrage, welche Betriebsstrukturenentwicklungen bei den Bergbauernbetrieben in Grindelwald von 2000 bis 2010 aufgezeigt werden können. Diesbezüglich stellt sich auch die Forschungsfrage, in welche Kategorien die Bergbauernbetriebe in Grindelwald von 2000 bis 2010 anhand ihrer Betriebsstrukturenentwicklungen eingeteilt werden können. Des Weiteren geht die Masterarbeit der Forschungsfrage nach, wie Betriebsstrukturenentwicklungen die Strategien von Bergbauern in Grindelwald hinsichtlich Betriebsstrukturen, Herdenkomposition, Viehsömmerung, geleisteter Kommunalarbeit für die Bergschaft und nichtlandwirtschaftlichen Erwerbs beeinflussen. Zudem versucht die Masterarbeit Antworten auf die Forschungsfrage zu finden, wie sich Betriebsstrukturenentwicklungen und Strategien von Bergbauern auf die Berglandwirtschaft in Grindelwald zukünftig auswirken werden.
Methodisch und zugunsten von Erklärungen dominierte in der Masterarbeit die quantitative Forschung. So wurden aus der beschafften quantitativen Datengrundlage zu Grindelwald von 2000 bis 2010 die Betriebsstrukturen mit Excel quantitativ analysiert. Die einzelnen Bestandteile der Betriebsstrukturen lagen in ungewichteter Form vor. Um die verschiedensten Grösseneinheiten zu einem Total an Betriebsstrukturen zu vereinigen, mussten sie zuerst gewichtet werden. Davon ausgehend resultierten der berglandwirtschaftliche Strukturwandel in Grindelwald von 2000 bis 2010 sowie die Betriebsstrukturenentwicklungen und die Kategorisierung der Bergbauernbetriebe in Grindelwald von 2000 bis 2010. Unter Einbezug von qualitativen und quantitativen Zusatzdaten in der quantitativen Datenanalyse mit Excel konnten auch Resultate zu den Strategien von Bergbauern in Grindelwald gewonnen werden. Ergänzend zur dominierenden quantitativen Forschung bzw. zur quantitativen Datenanalyse mit Excel wurde als qualitative Forschung ein Interview durchgeführt. Die gesammelten qualitativen Daten halfen zum besseren Verständnis der quantitativen Daten.
Der berglandwirtschaftliche Strukturwandel in Grindelwald von 2000 bis 2010 veranschaulicht, dass die Gesamtanzahl Bergbauernbetriebe abnahm und sich die verbleibenden Bergbauernbetriebe hinsichtlich Betriebsstrukturen im Durchschnitt vergrösserten. Die Betriebsaufgaben sind ein Grund für den berglandwirtschaftlichen Strukturwandel. Nebst den Betriebsaufgaben aufgrund von Sterbefällen / ohne Nachfolge sind die Betriebsaufgaben altersbedingt / ohne Nachfolge eine weitere Variante. Die Betriebsaufgaben können sich zudem auch aufgrund sonstiger Gründe / ohne Nachfolge ergeben. Diese sonstigen Gründe / ohne Nachfolge beinhalten wirtschaftliche, aber auch soziale und gesellschaftliche sowie wenige ökologische Aspekte. Weniger, aber dafür grössere Bergbauernbetriebe sind auch die Auswirkungen von Fusionen. Ausserdem hat der Trend des Grösserwerdens der ohnehin schon grossen Bergbauernbetriebe bzw. die vor allem bei den jüngeren Bergbauern beobachtbare «Entweder-Oder-Mentalität», nach der es für sie erst ab mindestens 30 Kühen, viel Land, Technologien, Maschinen etc. rentabel sei, den berglandwirtschaftlichen Strukturwandel zur Folge. Seine jährliche Durchschnittsentwicklung für den betrachteten Zeitraum war knapp sozialunverträglich und dennoch konnte sich die Berglandwirtschaft mit Kontinuität erhalten. Antworten darauf sind in den Motivationsgründen für den Beruf des Bergbauers zu suchen, welche sich ebenfalls aus Aspekten bezüglich Wirtschaft, Sozialem, Gesellschaft und Ökologie zusammensetzen. Sie können als Gegenpol zu den sonstigen Gründen / ohne Nachfolge für Betriebsaufgaben betrachtet werden.
Kein Bergbauernbetrieb ist wie der andere – Die einzelbetrieblichen Entscheidungen der Bergbauernbetriebe und ihren Familien führen zu einzelbetrieblichen Betriebsstrukturenentwicklungen. Dies zeigen die Betriebsstrukturenentwicklungen der Bergbauernbetriebe in Grindelwald von 2000 bis 2010 auf. Die Bergbauernbetriebe konnten in acht Kategorien eingeteilt werden. Es gab auf der einen Seite zwei Kategorien an Bergbauernbetrieben, bei denen die Betriebsstrukturen entweder zunehmend oder stabil, leicht zunehmend waren – also positive Betriebsstrukturenentwicklungen. Die positiven Betriebsstrukturenentwicklungen dominierten von Anfang bis Schluss der Zeitperiode. Hinter ihnen verbargen sich mehrheitlich grosse Bergbauernbetriebe. Auf der anderen Seite gab es zwei Kategorien an Bergbauernbetrieben, bei denen die Betriebsstrukturen entweder stabil, leicht abnehmend oder abnehmend waren – also negative Betriebsstrukturenentwicklungen. Hinter diesen verbargen sich mehrheitlich kleine Bergbauernbetriebe. Die gegebenen Umstände konnten allenfalls zu Betriebsaufgaben führen, welche auch eine Kategorie an Bergbauernbetrieben bilden. Die drei weiteren Kategorien an Bergbauernbetrieben waren weniger von Bedeutung.
Anhand der Betriebsstrukturenentwicklungen sind folgende Strategien von Bergbauern in Grindelwald hinsichtlich Betriebsstrukturen, Herdenkomposition, Viehsömmerung, geleisteter Kommunalarbeit für die Bergschaft und nichtlandwirtschaftlichen Erwerbs herzuleiten:
Grosse Bergbauernbetriebe wurden grösser, kleine Bergbauernbetriebe wurden kleiner mit der Tendenz zur Betriebsaufgabe.

Ob grosse oder kleine Bergbauernbetriebe, die Herden setzten sich hauptsächlich aus Raufutterverzehrern zusammen.
  • Die grossen Bergbauernbetriebe hatten grössere Herden als die kleinen Bergbauernbetriebe vorzuweisen.

  • Bei den kleinen Bergbauernbetrieben war der prozentuale Anteil der Schafe am Total der Raufutterverzehrer grösser als bei den grossen Bergbauernbetrieben.

    Ob grosse oder kleine Bergbauernbetriebe, das Vieh wurde grösstenteils gesömmert.

  • Mehr kleine Bergbauernbetriebe als grosse Bergbauernbetriebe sömmerten
    ihr Vieh zu 100%.

    Ob grosse oder kleine Bergbauernbetriebe, die Kommunalarbeit für die Bergschaft wurde überwiegend geleistet.

  • Die Bergbauern der grossen Bergbauernbetriebe leisteten mehr Kommunalarbeit für die Bergschaft als sie gemusst hätten.

  • Die Bergbauern der kleinen Bergbauernbetriebe leisteten genau so viel Kommunalarbeit für die Bergschaft wie sie mussten.

    Ob grosse oder kleine Bergbauernbetriebe, es wurde ein nichtlandwirtschaftlicher Erwerb verrichtet.

  • Die grossen Bergbauernbetriebe verwendeten insgesamt mehr Zeit für die Berglandwirtschaft als für den nichtlandwirtschaftlichen Erwerb.

  • Die kleinen Bergbauernbetriebe verwendeten insgesamt weniger Zeit für die Berglandwirtschaft als für den nichtlandwirtschaftlichen Erwerb.

    Da sich in Grindelwald von 2000 bis 2010 hinter den grossen Bergbauernbetrieben vermutlich vermehrt Haupterwerbsbetriebe mit Vollzeitbeschäftigten und hinter den kleinen Bergbauernbetrieben vermutlich vermehrt Nebenerwerbsbetriebe mit Teilzeitbeschäftigten verbargen, sind Anzeichen für eine Professionalisierung der Berglandwirtschaft vorhanden.
    Würden sich zukünftig die Betriebsstrukturenentwicklungen in Grindelwald in einem ähnlichen Rahmen wie von 2000 bis 2010 bewegen und würden die Strategien von Bergbauern in Grindelwald wie bis anhin weitergeführt, wäre das Fortbestehen der Verbindung «Berglandwirtschaft in Grindelwald – Kulturlandschaft – Tourismus» gewährleistet. Sollten die grossen Bergbauernbetriebe allerdings zu gross und ausschliesslich von jüngeren Betriebsleitenden geführt werden, die nur noch Milchkühe halten, das Vieh aufgrund des Zeitmangels nicht mehr auf den Alpweiden sömmern und dadurch die Kommunalarbeit für die Bergschaft trotz der jahrhundertlangen Tradition nicht mehr leisten, wäre die Auflösung der Verbindung «Berglandwirtschaft in Grindelwald – Kulturlandschaft – Tourismus» eines Tages möglich. Es muss jedoch betont werden, dass die Auflösung der Verbindung «Berglandwirtschaft in Grindelwald – Kulturlandschaft – Tourismus» Schwarzmalerei ist. Die zukünftige Berglandwirtschaft wird somit im Wesentlichen davon abhängen, ob diese weiterhin mit der Kulturlandschaft und dem Tourismus verbunden bleibt oder nicht.


    Leading questions:
    1. Welche Betriebsstrukturenentwicklungen können bei den Bergbauernbetrieben in Grindelwald von 2000 bis 2010 aufgezeigt werden?
    1.2 In welche Kategorien können die Bergbauernbetriebe in Grindelwald von 2000 bis 2010 anhand ihrer Betriebsstrukturenentwicklungen eingeteilt werden?
    2. Wie beeinflussen Betriebsstrukturenentwicklungen die Strategien von Bergbauern in Grindelwald hinsichtlich Betriebsstrukturen, Herdenkomposition, Viehsömmerung, geleisteter Kommunalarbeit für die Bergschaft und nichtlandwirtschaftlichen Erwerbs?
    3. Wie werden sich Betriebsstrukturenentwicklungen und Strategien von Bergbauern auf die Berglandwirtschaft in Grindelwald zukünftig auswirken?

    URL: http://www.cde.unibe.ch/dienstleistungen/publikationen/cde_masterarbeiten/index_ger.html

    Publications:
    Fermaud, Claudine. 2012. Betriebsstrukturenentwicklung und Strategien von Bergbauern unter Beeinflussung des Wandels der Schweizer Berglandwirtschaft. Einzelbetriebliche Analysen zu Betriebsstrukturen und Handlungsfeldern der Bergbauernbetriebe in Grindelwald von 2000 bis 2010. Masterarbeit, Abteilung für Integrative Geographie, Geographisches Institut der Universität Bern.


    Last update: 8/11/22
    Source of data: ProClim- Research InfoSystem (1993-2024)
    Update the data of project: CH-4951

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