Wiesmann Urs

Planungsinstrumente und -prozesse im Welterbegebiet Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn

Project Number: CH-3312
Project Type: Master
Project Duration: 03/01/2006 - 07/31/2007 project completed
Funding Source: other ,
Project Leader: Prof. Urs Wiesmann
Centre for Development and Environment (CDE)
Universität Bern
Mittelstrasse 43
3012 Bern
Phone: +41 (0) 31 631 88 69 ; +41 (0) 31 631 88 22
e-Mail: urs.wiesmann(at)cde.unibe.ch
http://www.cde.unibe.ch

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Research Areas:
Governance

Disciplines:
Legal and Social sciences, Economics
Social geography and Ecology

Keywords:
UNESCO-Welterbe Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn, Managementplan, Planungsinstrumente, kantonale Unterschiede

Abstract:
Das Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn-Gebiet (JAB) wurde wegen seiner landschaftlichen Schönheit und der ausser-ordentlichen Vergletscherung in die Liste der UNESCO-Weltnaturerbe aufgenommen. Verbunden damit ist der Auftrag, die Landschaft zu schützen und zu erhalten sowie eine nachhaltige Entwicklung zu gewährleisten. In einem Manage-mentplan erarbeiteten die zu einer Trägerschaft zusammengeschlossenen Beteiligten im Rahmen eines breit abgestützten partizipativen Prozesses Ziele und Massnahmen, welche die Bereiche 'Natur- und Kulturlandschaft', 'Flora und Fauna', 'Land- und Forstwirtschaft', 'Jagd und Fischerei', 'Industrie, Gewerbe und Handel', 'Verkehr und Energie', sowie 'Tourismus' umfassen. Das Weltnaturerbe JAB ist in ein komplexes institutionelles Umfeld eingebettet, woran zwei Kantone, fünf Regionen und 26 Gemeinden beteiligt sind. Da der Managementplan über keine Rechtsverbindlichkeit verfügt, untersucht diese Arbeit die Absichten der staatlichen Akteure.

Mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse wurde die JAB-Verträglichkeit der Planungsbestrebungen anhand eines aus den Zielen und Massnahmen des Managementplanes abgeleiteten Kategoriensystems analysiert. Das Untersuchungsgebiet teilten sich die AutorInnen auf: Während Deborah Strässle die Walliser Seite untersuchte, befasste sich Jöri Hoppler mit der Berner Seite. Die Arbeit stellt in einem Inventar die relevanten Planungsinstrumente vor und präsentiert in der an-schliessenden Analyse die Untersuchungsergebnisse.

Die Aufarbeitung der Planungsinstrumente machte kantonale Unterschiede sichtbar, wobei der Kanton Wallis über deutlich weniger Planungsinstrumente verfügt. Als zentrale Steuerungsinstrumente der Raumplanung dienen in beiden Kantonen die Richtpläne. Klare räumliche Entwicklungsvorstellungen werden in Bern mittels einer Zentralitätsstruktur vorgegeben, wohingegen der Walliser Richtplan keine strategischen Vorgaben macht, sondernnur koordinierend wirkt. In Bern spielen die Planungsregionen eine wichtigere Rolle als Verbindungsglied zwischen den kantonalen und kommunalen Behörden und beschränken sich nicht primär auf Wirtschaftsentwicklungsfragen im Rahmen der Regionalentwicklungs-konzepte, wie es im Wallis der Fall ist. Das Berner Landschaftsentwicklungskonzept, welches die eidgenössischen Schutzvorschriften (insbesondere die BLN-Gebiete) auch auf kantonaler Ebene verbindlich erklärt, und die regionalen Landschaftsrichtpläne verlangen von den Berner Gemeinden eine Landschaftsplanung. chutzbestimmungen in die grundeigentümerverbindlichen Zonenpläne und Baureglemente aufzunehmen ist letztendlich die Aufgabe der Ge-meinden, sowohl in Bern wie im Wallis, welches die Schutzaufgaben an die kommunale Ebene delegiert. Nur in wenigen Bereichen wie der Landwirtschaftspolitik und Energiepolitik ist der Bund als Geldgeber ein bestimmender Akteur.

Die Analyse ergab unterschiedliche Übereinstimmungen zwischen den Planungsbestrebungen und den Zielen und Massnahmen des Managementplanes. In den Bereichen Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Jagd ist die Übereinstimmung am grössten. Die eidgenössisch stark reglementierte Landwirtschaftspolitik zielt seit den 90er Jahren vermehrt auf ökologische Produktionsweisen ab. Es fällt auf, dass der Kanton Bern den Spielraum der Ökoqualitätsverordnung aktiver zugunsten der Landwirte ausnutzt als der Kanton Wallis. Die Forst- und die Jagdpolitik werden beide auf kantonaler Ebene abschliessend geregelt. In der Jagdplanung orientieren sich die Kantone an wildbiologischen Grundsätzen wie es der Managementplan vorsieht. Einzig von den gesetzlichen Möglichkeiten der Zutrittsbeschränkungen (für Wanderer und Skifahrer) in kantonalen Wildschutzgebieten wird bisher kein Gebrauch gemacht. Die Waldplanung wird zudem durch die Bundespolitik beeinflusst, wobei die Berner Seite weiter fortgeschritten ist mit der Erarbeitung von Regionalen Waldplänen und der Bestimmung von Waldreservaten. Auch die Schutzwaldbewirtschaftung ist in beiden Kantonen ein wichtiges Thema.
Die Ziele der Bereiche Energie und Verkehr sind in den Planungsinstrumenten mehrheitlich enthalten. Die Förderung des öffentlichen Verkehrs wird allgemein als erstrebenswert erachtet. Dessen Planung fokussiert aber nicht speziell auf die JAB-Region, sondern verläuft eher entlang den funktionalen Räumen. Auch bei den Transportanlagen sind die Ziele fast vollständig in den Planungsinstrumenten enthalten, wobei der Managementplan die regelmässig vorgenommenen Kapazitätserhöhungen bei Erneuerungen ausserhalb des Perimeters zulässt. An Brisanz gewonnen hat das Thema Lärmbelastung durch Flugverkehr mit dem Ausbau des Militärflugplatzes Meiringen und den Gebirgslandeplätzen. Letztere möchten der Bund und der Kanton Wallis beibehalten, während der Kanton Bern Aufhebungen für prüfenswert hält. Energieförderprogramme existieren auf Bundesebene wie auch in beiden Kantonen. Unterschiede sind in den regionalen Energieberatungsstellen auszumachen, die im Kanton Bern an Bedeutung gewinnen und im Wallis mangels Nachfrage aufgelöst wurden. Ausser in der "Energie Stadt" Naters wird auf Gemeindeebene verhältnismässig wenig gemacht.
Durchzogen ist die Bilanz in den Bereichen Kulturlandschaft und Flora und Fauna. Der Kanton Bern übernimmt generell mehr Verantwortung als der Kanton Wallis, welcher viele Aufgaben an die Gemeinden delegiert. Während der Kanton Bern anhand der Zentralitätsstruktur den Bauzonenbedarf räumlich unterschiedlich berechnet, wird dieser im Wallis im ganzen Kantonsgebiet nach demselben Berechnungsschema festgelegt. Ob dies für eine massvolle Entwicklung genügt, ist eine Ermessensfrage. Interessanterweise wird im Managementplan der Begriff 'Landschaftsentwicklung' nicht erwähnt, obwohl viele Ziele die Landschaft betreffen.
Der Kanton Bern und die Region Oberland-Ost sind mit der Erstellung von Landschaftsentwicklungskonzepten besonders aktiv. Der Kanton Wallis erarbeitet zurzeit ein solches Konzept im Zusammenhang mit der dritten Rhonekorrektion in der Talebene. Auch im Naturschutz delegiert der Kanton Wallis mehr Aufgaben an die Gemeinden, während in Bern der Kanton grössere Schutzgebiete kennt und die Regionen Vorgaben zuhanden der Gemeinden erarbeitet haben. Die Umsetzung liegt aber in beiden Kantonen hauptsächlich bei den Gemeinden, welche ihrer Aufgabe unterschiedlich nachkommen.
Für die Bereiche Tourismus, Industrie, Gewerbe und Handel sind nicht staatliche, sondern primär private Stellen zuständig. Somit sind diese Ziele auch weniger in den Planungsinstrumenten anzutreffen. Bund und Kantone schaffen jedoch Rahmenbedingungen. Beide Kantone setzen räumliche Prioritäten, wonach nicht überall dieselben Wirtschaftsbereiche gefördert werden sollen. Während im Wallis ein Industrieschwerpunkt im Grossraum Brig/Visp liegt und die Talgemeinden der JAB-Region betrifft, begünstigt die Berner Zentralitätsstruktur Meiringen und Reichenbach. Tourismusschwerpunkte liegen auf der Riederalp und Bettmeralp sowie in Lauterbrunnen, Grindelwald und Meiringen. Eher extensiver Tourismus konzentriert sich auf das Lötschen- und das Kandertal. Im Tourismus fördern der Bund und die Kantone die Kooperationen von Destinationen. Obwohl die Kantone ein Gleichgewicht zwischen einem intensivem und einem extensivem Tourismus suchen, liegt es schlussendlich in der Hand der privaten Akteure, wie weit ein qualitativ hoch stehender und naturnaher Tourismus betrieben wird.
Es ist festzustellen, dass die Entwicklungsziele im stark geregelten und von staatlicher Hilfe abhängigen primären Sektor relativ gut verfolgt werden. Auch im Infrastrukturbereich sind die Absichten JAB-verträglich, obwohl diese Planungen nach funktionalem Ordnungsmuster erfolgen. Im Tourismus hingegen verläuft die Entwicklung nur wenig geordnet und birgt das grösste Konfliktpotenzial beim Erreichen der Schutzziele. Die mit Einschränkungen behafteten Ziele zum Schutz von Natur und Landschaft scheinen weniger beachtet zu werden, obwohl gerade deren Schönheit ausgezeichnet wurde. Letztendlich entscheidet jedoch die Umsetzung der Planungsziele über die Entwicklung der JAB-Region und wäre ein nächster wichtiger Forschungsgegenstand.
Allgemein ist die Rolle des JAB in den Planungsinstrumenten (noch) relativ klein. Dies mag damit zusammenhängen, dass viele Konzepte vor der Aufnahme des Weltnaturerbes entstanden sind. Fast nie werden Ziele angesprochen, welche innerhalb der JAB-Region Produktionskreisläufe aufbauen wollen. Dies wäre ein Tätigkeitsfeld für die Trägerschaft. Die JABGemeinden sind gezwungen, sich an unterschiedlichen Zentren zu orientieren, obwohl die Bereiche Landschaftsentwicklung (inklusive Forst- und Landwirtschaft) und der Tourismus überall gleichermassen bedeutend sind. Diese verbindenden Themenkomplexe bilden denn auch das beste Kooperationspotenzial in Planungsfragen.

URL: http://www.cde.unibe.ch/dienstleistungen/publikationen/publikationsdatenbank/index_ger.html

Publications:
Hoppler, J. und Strässle, D. (2007): Planungsinstrumente und -prozesse im Welterbegebiet Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn. Diplomarbeit, Geographisches Institut, Universität Bern.



Last update: 8/11/22
Source of data: ProClim- Research InfoSystem (1993-2024)
Update the data of project: CH-3312

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